Die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz

Der Lebens- und Erlebnisraum Wald zieht den Menschen seit Jahrhunderten in seinen Bann. Mit seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen stellt er eines der letzten Refugien für die biologische Vielfalt dar. Der Schutz der biologischen Vielfalt wird nicht nur von der Bundesregierung als vorrangiges Ziel betrachtet: Bis 2015 haben sich weltweit bereits 193 Nationen als Vertragspartner zur internationalen undefinedBiodiversitätskonvention bekannt.

Auch ForstBW, als Bewirtschafter der Staatswälder in Baden-Württemberg, stellt sich der besonderen Verantwortung für den Erhalt unserer heimischen Biodiversität. Mit der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz verpflichtet sich ForstBW selbst, den Wald in seiner Gesamtheit und in all seinen verschiedenen Entwicklungsphasen zu schützen. So stellen wir sicher, dass wir in unseren Staatswäldern ökologisch hochwertige und nachhaltige Rohstoffe produzieren und gleichzeitig die Wälder in ihrer Vielfalt als Lebensraum für zahlreiche Arten für kommende Generationen bewahren.

 

Die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz:

  • verbindet bei ForstBW bestehende Naturschutzkonzepte und -pläne mit zehn neuen, wichtigen Waldnaturschutzzielen
  • stellt in der Zukunft die Grundlage für alle naturschutzrelevanten Aspekte in der Waldwirtschaft von ForstBW dar
  • ist für den Staatswald verbindlich
  • wird nach 2020 evaluiert und weiterentwickelt

Evaluierung und Weiterentwicklung der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz

Im Dezember 2014 hat ForstBW die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz (GK WNS) eingeführt. Sie war die erste Konzeption, die die in der Naturschutzstrategie Baden-Württemberg formulierten Biodiversitätsziele für einen Fachbereich konkretisiert und mit Maßnahmen hinterlegt hat. Die Entwicklung der Gesamtkonzeption erfolgte durch Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Naturschutz und der Praxis der Forstwirtschaft. Aus einer Vielzahl möglicher neuer Handlungsfelder wurden auf der Grundlage fachlicher Bewertungen und der Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung zehn Waldnaturschutzziele herausgearbeitet. Für den Nicht-staatswald hat die GK WNS empfehlenden Charakter. Sie wurde so angelegt, dass kommunale und private Waldbesitzende auf eigenen Wunsch Ziele und  Maßnahmen daraus übernehmen können.

ForstBW hatte sich dazu verpflichtet, die zehn Waldnaturschutzziele bis 2020 im Staatswald umzusetzen. 2020/21 hat die FVA im Auftrag von ForstBW evaluiert, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden. Dabei wurden vier Zielen im Staatswald ein guter Umsetzungsstand bescheinigt und fünf Zielen ein mittelmäßiger. Ein Ziel („Die Biotopqualität von Mooren und Auen sowie weiterer nasser Standorte im Wald ist gesichert oder wiederhergestellt.“) wurde als noch unzureichend umgesetzt bewertet. Als Gründe hierfür wurden beispielsweise der hohe Zeitaufwand für fachliche Voruntersuchungen, die zeitaufwändige Planung und Genehmigung von Maßnahmen, die fachgerechte Auflösung von Zielkonflikten sowie der oft erhebliche finanzielle Aufwand genannt. Diese Gründe können als typische Umsetzungshindernisse für alle noch nicht vollständig erreichten Ziele der GK WNS gesehen werden.

 

Weiterentwicklung der GK WNS

Mit der Umsetzung der Neuorganisation der Landesforstverwaltung wurden zum 01.01.2020 die Zuständigkeiten für den Wald in Baden-Württemberg zwischen der Landesforstverwaltung (Privat- und Körperschaftswald) und ForstBW (Staatswald) aufgeteilt. Diese Aufgabenteilung wird sich in der Struktur der zukünftigen GK WNS widerspiegeln. Eine Gesamtstrategie WNS (s. Grafik) soll die Ziele und Handlungsfelder beschreiben, die über alle Waldbesitzarten hinweg für den Waldnaturschutz in den kommenden Jahren maßgeblich sein sollen. Ausgehend von diesem gemeinsamen strategisch-politischen Dach werden besitzartenspezifische Teilkonzeptionen entwickelt.

Die Landesforstverwaltung konzentriert sich darauf, den Waldnaturschutz attraktiv zu machen, indem Waldbesitzende über Maßnahmenpaketen beraten werden. Eine breite Akzeptanz soll durch einfache Verfahrensweisen und Förderung geschaffen werden. Für den Staatswald – und damit ForstBW – bleibt die Umsetzungsverbindlichkeit bestehen. Für beide Organisationen müssen die notwendigen Ressourcen für eine erfolgreiche Umsetzung hergeleitet und mit der Gesamtstrategie WNS frühzeitig an Politik, Verwaltung und Gesellschaft adressiert werden.

 

Als Ergebnis der Weiterentwicklung wird eine GK WNS auf Landschaftsebene angestrebt, die den Wald in Baden-Württemberg als Ganzes sieht und mit dem Wald ökologisch-funktional verbundene Landschaftselemente des Offenlandes, der Gewässer, Moore, Feuchtgebiete usw. in die Planung mit einschließt. Jedoch werden auch regionale Aspekte berücksichtigt: Aus der Vogelperspektive soll sich ein Netzwerk ergeben, statt eines Flickenteppichs unzusammenhängender Maßnahmen. Durch räumliche und zeitliche Priorisierung der Maßnahmen sollen die vielfältigen Waldnaturschutzziele im Wald bestmöglich umgesetzt werden können, Zielkonflikte zwischen Waldnaturschutzzielen und Ökosystemleistungen werden möglichst umfassend gelöst. So soll ein „größtmöglicher Gesamtnutzen“ aller Ökosystemleistungen gewährleistet werden. Die Zielvorgaben müssen dabei regional so konkret sein, dass die lokal Verantwortlichen Maßnahmen auch eigenständig ableiten können sowie Kriterien für eine Wirkungskontrolle gegeben sind.

 

Die bisherige Umsetzung der GK WNS ist eine gute Grundlage, mit der man weiterarbeiten kann. Die noch nicht vollständig erfüllten Ziele fließen in die Weiterentwicklung ein.

Es besteht eine Vielzahl an unterschiedlichen Konzepten, die dem Waldnaturschutz dienen, allerdings bestehen diese losgelöst voneinander und greifen nicht ineinander. Um die Weiterentwicklung der GK WNS in diesem Aspekt voranzubringen wird beabsichtigt, die bisherigen Ziele mit den bereits identifizierten Zukunftsthemen zu verschneiden. Bewährte Instrumente (z.B. Alt- und Totholzkonzept) sollen auf diese Weise mit Zukunftsthemen verknüpft werden. Aspekte, die bisher umrissen wurden und in Zukunft mehr Beachtung finden müssen, sind beispielsweise:

  • Folgen des Klimawandels
  • Stärkung des Biotopverbunds
  • Auf Besitzverhältnisse abgestimmte Ziele und Maßnahmen/ Praxisbezug
  • Bestehende und neue rechtliche Anforderungen/ Rechtsicherheit in der täglichen Praxis
  • Kommunikation (Information und Dialog)

Ein zentraler Faktor, der allen Überlegungen des Biotop- und Artenschutzes zugrunde liegen muss, ist der Klimawandel. Er bewirkt dynamische Veränderungen, was sich z.B. in Verschiebungen von Biotop- und Artvorkommen auswirken kann. Entsprechend flexibel müssen auch die Ziele und die daraus folgenden Maßnahmen der neuen GK WNS mit sich ändernden Umweltfaktoren umgehen können.

 

Neben dem Klimawandel müssen auch die Besitzverhältnisse der Waldflächen künftig mehr im Fokus stehen: In Baden-Württemberg sind nur rd. ¼ der Waldflächen in Landeseigentum. Die Vorkommen der Schutzgüter sind in der Regel nicht primär durch die Waldbesitzarten beeinflusst. Ein umfassender Biodiversitätsschutz muss daher auch die Privatwald- und Körperschaftswaldbesitzenden einbinden. Ihre freiwillige Kooperation soll durch Instrumente zur Information und Kommunikation und eine angemessene finanzielle Förderung gewonnen werden.

 

Die Weiterentwicklung der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz erfolgt zusammen mit dem Öffnet externen Link in neuem FensterMinisterium für Ernährung, Ländlichen Raum, Verbraucherschutz Baden Würtemberg als Projektpartner.