Ernten für den Klimaschutz — Saatgut aus dem Staatswald

16. Oktober 2022 Felix Reining, Vorstand bei ForstBW: „Wir ernten wertvolle Samen aus heimischen Wäldern, um klimaresistente Baumarten weiter zu fördern.“

 

Nebelschwaden wabern zwischen den Bäumen, die Erde riecht feucht und die Blätter segeln zu Boden. Der Herbst hat in den Wäldern Baden-Württembergs Einzug gehalten. Doch die Blätter sind nicht das Einzige, was zur Zeit von den Bäumen fällt. Wer in diesem Herbst durch einen Eichenwald spaziert, wünscht sich des Öfteren einen Helm. Überall prasseln die Früchte der Bäume, die Eicheln, zu Boden. Man könnte meinen, der Vorrat an Wurfgeschossen sei unerschöpflich. Und so ist es beinahe auch.

„Die Eichen in Baden-Württemberg tragen in diesem Jahr eine sogenannte Vollmast“, erklärt Felix Reining. „Das bedeutet, dass fast alle ausgewachsenen Eichen Früchte tragen – pro Baum sind das schon einmal 50 Kilogramm. Im Idealfall können daraus über 10.000 junge Bäume entstehen“.

Solche Mastjahre kommen je nach Baumart in verschieden großen Abständen vor. „Es kostet die Bäume sehr viel Energie, Früchte wie Eicheln oder Bucheckern zu produzieren. Diese Energie fehlt dann an anderer Stelle. Die Bäume wachsen in solchen Jahren deutlich langsamer. Deshalb findet eine Mast meistens im Abstand von mehreren Jahren statt“, beschreibt der Forstexperte. Und nicht alle Baumarten tragen gleichzeitig Früchte. Während die Eichen derzeit übervoll hängen, bleibt bei den Buchen die Mast heuer völlig aus.

 

Guter Grund für viele Früchte

Nun stellt sich die Frage, warum die Bäume nicht einfach in jedem Jahr nur ein paar Früchte produzieren und somit stetig für Nachwuchs sorgen. Felix Reining: „Die Waldtiere lauern jedes Jahr darauf, dass die energiereichen Samen zu Boden fallen. Eine Rotte Wildschweine zum Beispiel könnte die kompletten Mühen eines Baumes zunichtemachen, wenn dieser nur einige Samen im Jahr produziert.“ Es steckt also eine geschickte Strategie der Natur dahinter, dass in manchen Jahren alle Bäume einer Art gleichzeitig tausende von Eicheln oder Bucheckern im Wald verteilen. So ist gesichert, dass einige von diesen den Winter überstehen und im darauffolgenden Frühjahr auskeimen können.

 

Saatgut ernten für klimaangepasste Wälder

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ForstBW machen sich diese Mastjahre ebenfalls zu Nutze. Sie sammeln und sortieren die Früchte und bringen diese an anderer Stelle wieder in

den Wald ein. „So gelingt es uns, auch Baumarten wie die Eiche, deren Samen keine weiten Strecken zurücklegen, in andere Ecken des Waldes zu bringen“, erklärt das Mitglied des Vorstands. „Gerade Bäume, die im Angesicht des Klimawandels resistenter auf Wetterextreme reagieren, mischt ForstBW auf diese Art in andere Bestände ein. Denn nur mit gesunden Mischbeständen gelingt es uns, die Wälder in Baden-Württemberg für die Klimakrise zu wappnen.“

Aber natürlich gilt es bei der Ernte und beim Verbreiten des Saatguts einiges zu beachten. Über sogenannte Herkunftsgebiete stellt ForstBW sicher, dass die jungen Bäume sich auf ihrem neuen Standort überhaupt zurechtfinden. Denn eine Eiche aus dem Rheintal kommt mit den Böden und dem Wetter auf der Schwäbischen Alb nicht unbedingt zurecht. Felix Reining stellt klar: „Forstlich gesichertes Vermehrungsgut ist dabei ein Schlüssel für uns. ForstBW ist darum bei allen Themen zum forstlichen Vermehrungsgut in ganz enger Abstimmung und Kooperation mit den Baumschulen, der Landesforstverwaltung und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt.“

„Denn den wichtigsten Baustein für die Klimaanpassung finden wir in unseren eigenen Wäldern. Wir fördern heimische Baumarten, die besonders klimaresilient sind, damit sie unsere Wälder von morgen bereichern können“, resümiert der ForstBW-Vorstand.

 

Zusatzinformationen:

Ein Video über die Staatsklenge Nagold, in der die Samen aufbereitet und angezogen werden, finden Sie hier: Vom Samen zum Baum - Über die Staatsklenge Nagold - YouTube

Ein Video zur Pflanzung finden Sie hier: Wir pflanzen den Zukunftswald - YouTube

Eine Pressemitteilung zur Wiederbewaldung finden Sie hier: ForstBW: Den Klimawandel im Blick – Wiederbewaldung im Staatswald

 

Über ForstBW

Die Anstalt öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg (ForstBW) arbeitet seit dem 01.01.2020 als eigenständiges Unternehmen. ForstBW trägt die Verantwortung für die Bewirtschaftung von über 324.000 ha Staatswald - das entspricht einem Viertel der Waldfläche Baden-Württembergs- und ist damit der größte Forstbetrieb des Landes. ForstBW setzt sich zum Ziel ökologisch vorbildlich, sozial ausgewogen und ökonomisch erfolgreich zu arbeiten. Im Sinne des Waldes und der Menschen bildet das Prinzip der Nachhaltigkeit die Grundlage unserer Tätigkeit. Dazu tragen landesweit ca. 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei. Die naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung des Staatswaldes durch Forst Baden-Württemberg, AöR ist FSC® C120870 und PEFC zertifiziert. Seit dem 01. Oktober 2020 trägt ForstBW zudem das Gemeinwohl Ökonomie Zertifikat.